Der seidene Faden, der große Besen für Gysi* und DIE LINKE

Von Tanju Tügel

Wer behauptet, die Entwicklung sei gegenwärtig zu schnell und wir würden immer mehr mit Nachrichten und Informationen überschüttet, hat das Jahr 1989 nicht miterlebt. In den letzten drei Monaten des Jahres 1989 erlebte ich ein ständiges Wechselbad von Spannung, Verunsicherung, Hoffnung und Enttäuschung – fast im Minutentakt.

Über den außerordentlichen Parteitag der SED/PDS schrieb Lothar Bisky, die »Chance für eine grundlegende Erneuerung« hing dort »am seidenen Faden«. »Aber der hielt«, so Lothar. »Die PDS war geboren.«

Der Außerordentliche Parteitag markierte das Ende der SED und war der »Inaugural-Parteitag« der PDS. Mit ihm wurde ein entscheidender Schritt für eine gesamtdeutsche linke Partei getan, die seit Mitte der 1990er Jahre aus der BRD nicht mehr wegzudenken ist.

Aus heutiger Sicht mag es normal sein, dass eine Partei wie DIE LINKE in der Politik eine nicht zu ignorierende Kraft ist und in der internationalen Gemeinschaft linker Parteien eine herausragende Position hat. Keineswegs selbstverständlich: Als der Parteitag 1989 begann, war das Ergebnis völlig offen.

Die Existenz einer linken Partei hat das gesamte Land nachhaltig verändert. Und das war dringend nötig. Es gilt nach wie vor, was Gregor Gysi vor 30 Jahren in seinem Referat auf dem Parteitag sagte: »Aber er (der Kapitalismus, d. A.) verschärft in seiner monopolistischen Gestalt die bestehenden globalen Probleme des Umweltschutzes, der Friedenssicherung und des sozialökonomischen Entwicklungsgefälles.« Und das wird fortgeführt, solange der Satz von Marx noch gilt: »Produktion von Mehrwert oder Plusmacherei ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise.«

Meine Gedanken kann ich, vielleicht etwas pathetisch, so abschließen: Auf den Trümmern der SED entstand die PDS und entwickelte sich zu der der Zukunft zugewandten LINKEN. Der seidene Faden vom Dezember 1989 hält noch immer und ich bin sicher, dass Gregor den großen Besen nie mehr brauchen muss.

* Gysi bekam auf dem Parteitag als neuer Vorsitzender einen Besen zum Saubermachen