Von Union lernen, heißt siegen lernen!

Von Gesine Lötzsch

Die Frage lautete: Wollen wir die Partei auflösen und ganz neu anfangen oder mit einer schwer ramponierten Partei weitermachen? Der außerordentliche Parteitag hat sich für den schwierigeren Weg entschieden. Das war richtig. Den eigenen Mantel der Geschichte kann man nicht an der Garderobe der Gesellschaft abgeben.

Alle, die es versucht haben, sind gescheitert. Wir waren erfolgreich, weil wir unsere Geschichte immer wieder kritisch befragt haben und versucht haben, alte Fehler nicht noch einmal zu machen.

Wenn wir heute den Rechtsruck in Deutschland, in Europa und großen Teilen der Welt beobachten, dann müssen wir uns fragen, was wir als Linke falsch gemacht haben.

Es war schon immer so, dass die Bewegungen und Parteien erfolgreich waren, die am schnellsten aus ihren eigenen Fehlern gelernt haben. Oliver Ruhnert, Sportdirektor von FC Union Berlin sagte in einem Interview auf die Frage, was die Politik vom Fußball lernen kann: »Wir müssen jede Woche, nach jedem Spiel überprüfen, ob wir das Richtige gemacht haben. Wenn man merkt, dass man mit seinem Spielstil nicht erfolgreich ist, dann muss man etwas ändern. Da lässt sich Politik oft zu viel Zeit.« Wir müssen nicht jede Woche unsere Politik überprüfen, aber nach Bundes- und Landtagswahlen sollten wir uns fragen, was wir ändern müssen.

Ich habe von meinen Freunden der SP der Niederlande eine einfache Regel übernommen, die »70:30-Regel«. 30 Prozent interne Kommunikation und 70 Prozent Kommunikation mit den Menschen außerhalb der Partei. Wenn wir die Stunden, die wir in AG-, IG- und Fraktionssitzungen verbracht haben, zusammenzählen und dann mal sieben multiplizieren, werden wir feststellen, dass der Tag zu wenig Stunden hat, um die Regel einzuhalten.

Doch es geht nicht nur um die Quantität unserer Arbeit, sondern auch um die Qualität. In internen Diskussionen reden wir oft über die zehnte Stelle nach dem Komma, doch die Menschen wollen wissen, was vor dem Komma steht. Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche, auf unsere Stärken, dann werden wir wieder erfolgreicher sein.